Das „great man model of leadership“
und andere klischierte Bilder, die eindeutig vergeschlechtlicht sind,
werden medial weiterhin zementiert, wie Holtz-Bacha in ihrer Analyse
der deutschsprachigen Medienlandschaft herausgefunden hat: „Damit
machen die Medien Spitzenpolitikerinnen das Leben schwer.“
Laura Dornheim, Prof. Dr. Christina Holtz-Bacha, Birgitta MSchulte, v.l.n.r (Foto: Tanja Krokos) |
Stereotype Bilder und leidige Fragen,
die in der Berichterstattung immer wieder auftauchen, wenn Frauen in
politisch mächtige Positionen gelangen, hat Holtz-Bacha dabei in
großer Zahl zusammengetragen, obwohl ihre Untersuchung weniger
quantitativ denn vielmehr qualitativ angelegt ist: Das große
Aufsehen darum, dass Angela Merkel mehrfach im offensichtlich
identischen violetten Kleid zu festlichen Anlässen erschien, dient
Holtz-Bacha dabei ebenso zur Illustration ihrer Thesen wie jenes um
Hillary Clintons Frisurvariationen oder um die Einblicke unter Ursula
von der Leyens Rock, welche die Familienministerin einst in der
TV-Show „Wetten, dass...?!“ bot. „Die körperliche Erscheinung
und die familiäre Situation spielen in der Berichterstattung über
Politikerinnen eine deutlich größere Rolle als bei ihren männlichen
Kollegen“, konstatiert die Professorin. „Weder werden Männer
danach gefragt, wer sich während ihrer Arbeitszeit um die Kinder
kümmert, noch werden sie verniedlichend beim Vornamen genannt.“
Die Frage nach Henne und Ei hält sie allerdings für eine müßige:
„Politikerinnen präsentieren beziehungsweise inszenieren sich
einerseits auf eine bestimmte Weise – andererseits haben sie
natürlich keinen unmittelbaren Einfluss darauf, wie die Medien mit
dieser Inszenierung umgehen.“
Deutlich wird dies etwa auch am GlobalMedia Monitoring Project 2010 (GMMP), das nicht nur auf
Spitzenpolitikerinnen fokussiert, sondern vielmehr darauf, wie
„gewöhnliche“ Frauen in den Medien erscheinen – und das
dennoch ein ähnlich ernüchterndes Bild der Medienlandschaft
zeichnet wie jenes, das Christina Holtz-Bacha zuvor präsentiert hat:
„Weltweit finden wir Frauen in den Medien besonders häufig als
Opfer, sei es von häuslicher Gewalt, von Verbrechen oder Kriegen“,
erklärt Birgitta M. Schulte, Koordinatorin des Themenschwerpunktes
Gendersensibilität beim deutschen Journalistinnenbund, die zentrale
Ergebnisse der prominenten Studie vorstellt.
Die wirkmächtige mediale Konstruktion
von Geschlechterbildern zwingt Frauen (und Männer!) dementsprechend
in diverse Zwiespälte und Zwickmühlen beziehungsweise stellt sie
vor die Wahl, diesen medial kolportierten konventionellen Bildern
entweder zu entsprechen oder sich ihnen zu widersetzen – und damit
andere Sanktionen zu riskieren: „Der französischen
Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royale wurde beispielsweise
ausgerechnet ihre attraktive Weiblichkeit zum Verhängnis“, gibt
etwa Holtz-Bacha zu bedenken. „Sie schien unvereinbar mit den
gängigen Vorstellungen von politischer Seriösität.“
Angesichts dessen
erscheint es als enorme Herausforderung sowohl für Politikerinnen
als auch für „gewöhnliche“ Frauen, sich den aufgezeigten
Klischees zu entziehen und den klischierten Darstellungen eine
Alternative entgegen zu setzen. Vielleicht liegen die Möglichkeiten,
selbstbestimmte Frauenbilder jenseits der beschriebenen Stereotype zu
schaffen, ja auch abseits der etablierten Medien – etwa in Social
Media Networks oder der Blogosphäre, wie eine
Diskussionsteilnehmerin vermutet. Schließlich seien diese virtuellen
Räume offener für Frauen, Migrantinnen und andere Menschen, die in
den „großen“ Tageszeitungen und Fernsehsendungen keine Stimme
haben.
Zum Video-Interview mit Prof. Dr. Holtz-Bacha
Zum Video-Interview mit Prof. Dr. Holtz-Bacha
von Sonja Erkens, Autorin
des Missy Magazines
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen